Es gibt wieder attraktive Zinsen – auf den ersten Blick
Auf Erspartes gibt es wieder Zinsen. Zwei bis drei Prozent bieten Banken für Tages- und Festgeldkonten. Das hört sich gut an, doch nach Abzug der Inflation droht am Ende dennoch ein Verlust. Letztendlich bleibt nur der Aktienmarkt als Ausweg. Er bietet langfristig eine Rendite, die trotz Inflation positiv ausfallen kann.
Aktuelle Markteinschätzung von Michael B. Bußhaus, Gründer und Geschäftsführer von justTRADE
Die vermeintlich gute Nachricht gleich vorweg: es gibt wieder Zinsen auf das Ersparte. Zwei Prozent auf Tagesgeldkonten, sogar drei Prozent für Festgeld. Das ist doch prima, oder? Ja und nein. Ja, weil Zinsen auf Erspartes nach Jahren der Nullzinsen, ja gar Minuszinsen, eine wohltuende Abwechslung sind. Das ist keine Frage.
Möglich sind die neuen Zinsen, weil die Notenbanken, insbesondere die amerikanische Fed und die europäische EZB, die Leitzinsen in den zurückliegenden Monaten sukzessive angehoben haben. Damit wollen sie vor allem der Inflation begegnen, die ja in der Spitze auf zehn Prozent gestiegen ist. Werden die Leitzinsen angehoben, bremst das, so die Theorie, die Wirtschaftstätigkeit. Kredite werden teurer, Konsumenten und Unternehmen schränken ihre Ausgaben ein. Das wiederum dämpft die allgemeine Nachfrage. Weniger Nachfrage, fallende Preise – so die Hoffnung. Und da die Inflation trotz einiger Erfolge immer noch vergleichsweise hoch ist – für das laufende Jahr rechnen Experten in Deutschland im Schnitt mit rund sechs Prozent – dürften die Notenbanken noch ein paar Schippen sprich Zinserhöhungen drauflegen. Sowohl die Fed wie auch die EZB haben dies durchklingen lassen. Im Euroraum ist zum Beispiel im März mit einer weiteren Zinserhöhung zu rechnen.
Auf die Kaufkraft kommt es an
Es ist also davon auszugehen, dass die Zinsangebote für Tages- und Festgeldkonten in den kommenden Monaten noch besser werden. Einige Beobachter vermuten, dass bei Tagesgeld bald die Drei-Prozent-Schwelle fallen könnte. Für ein Guthaben von 10.000 Euro würde der Sparer auf Jahressicht dann eine Verzinsung von 300 Euro und mehr bekommen. Top! Was will man dagegen sagen? 300 Euro auf die Hand, nehme ich doch gerne mit.
Doch halt, ganz so einfach ist es nicht. Die 300 Euro Zinsen bekommt man, ok, aber was sind sie wert? Nicht der Geldbetrag an sich entscheidet, sondern die Kaufkraft. Und die wird auch im laufenden Jahr leiden – und zwar erheblich. Auch wenn man am Ende 10.300 Euro auf dem Konto stehen hat, bei erwarteten durchschnittlichen sechs Prozent Inflation bekommt der Sparer für diesen Betrag weniger Waren als er für seine 10.000 Euro noch zum Jahresanfang bekommen hätte. Sechs Prozent Inflation heißt nämlich, dass Waren und Dienstleistungen im Schnitt sechs Prozent mehr kosten. Mit drei Prozent Zinsen ist dieser Preisaufschlag also nur zum Teil ausgeglichen. Unter dem Strich bleibt ein Minus an Kaufkraft. Was sich also im ersten Moment gut anhört, drei Prozent Zinsen, ist es eigentlich nicht. Mit den angebotenen Zinsen hat der Sparer zwar einen kleinen Ausgleich für die Inflation, aber es bleibt ein Verlust.
Was tun? Abgesehen von sehr exzentrischen Nischenmärkten wie Kunst und Oldtimer bleibt für den „normalen“ Anleger wohl nur der Aktienmarkt als Ausweg. Nur hier ist eine Rendite zu erwirtschaften, die die erwartete Inflation ausgleicht – wenn nicht sogar übertrumpft. Dafür gibt es keine Garantie, aber auf längere Sicht trifft das durchaus zu. Seit den 1950ern haben etwa DAX-Aktien im Schnitt im Jahr um fast neun Prozent zugelegt, zeigen etwa die Daten des Deutschen Aktieninstituts. Damit hätte der Anleger in der Vergangenheit nach Abzug der Inflation ein dickes Plus erwirtschaftet. Nun, 70 Jahre Haltezeit – von den 1950er-Jahre bis heute – sind lang, wahrscheinlich zu lang für jeden Anleger, man will sein Geld ja schließlich auch mal ausgeben. Doch auch auf kürzerer Sicht funktioniert die Outperformance. Hätte man zum Beispiel im Jahr 2010 in DAX-Aktien investiert, würde sich das durchschnittliche jährliche Plus immerhin noch auf sechs Prozent belaufen. Auch damit hätte man in den zurückliegenden zwölf Jahren der Inflation ein Schnippchen geschlagen, denn diese lag im Schnitt nur bei knapp zwei Prozent im Jahr. Also auch hier winkt am Ende ein Plus.
Der richtige Einstieg an der Börse
Bleibt die Frage, wann der Anleger am besten in den Aktienmarkt einsteigt? Wann ist der beste Zeitpunkt? Diese Frage kann kein Experte beantworten. Aktienkurse schwanken nun mal, da sie nicht nur den Wert eines Unternehmens widerspiegeln, sondern zugleich auch die Einschätzung der Börsianer. „Die Börse reagiert gerade mal zu zehn Prozent auf Fakten. Alles andere ist Psychologie“, sagte einmal der berühmte Investor André Kostolany. Doch auch darauf kann man reagieren. Ein probates Mittel gegen Kursschwankungen ist der sukzessive Einstieg an der Börse über einen längeren Zeitraum. Wer über Jahre hinweg etwa mit einem ETF-Sparplan auf einen Index, zum Beispiel den DAX, immer wieder investiert, streut sein Risiko und mindert damit die Gefahr, zum unrechten Zeitpunkt einzusteigen. Zudem hat die Finanzbranche Produkte im Angebot, die das Risiko minimieren. Bonus- und Discount-Zertifikate etwa haben aufgrund ihrer Ausstattung eine Art „Sicherheitspuffer“ gegen Kursverluste eingebaut. Bis zu einem gewissen Umfang können diese Papiere Kursverluste von Aktien und Indizes auffangen und profitieren, wenn es wieder nach oben geht, von steigenden Kursen.
Die gute Nachricht also doch nicht zum Anfang, sondern zum Schluss: Gegen die Inflation können Anleger sich zur Wehr setzen. Das wird aber in aller Regel nicht durch das Zinssparen, sondern durch das Aktiensparen erreicht. Auch wenn letzteres natürlich grundsätzlich risikoreicher ist, mit ein paar Tricks kann man langfristig eine ordentlich und vor allem über der Inflation liegende Rendite erwirtschaften.
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